Der Gewöhnliche Efeu (Hedera helix) ist ein
besonderes Gewächs. Er taucht in der einen oder anderen Tradition auf und hat auch sonst noch ein paar Besonderheiten.
Zunächst mal ist er eine immergrüne Pflanze und fällt jetzt in der laubarmen Zeit natürlich besonders auf. Bei seinen Blättern lohnt sich ein genauerer Blick: Bekannt sind die klassischen kleinen, drei- bis fünffach gelappten, dunklen Blätter. Die
findet man aber nur bei jungen Trieben. Wird der Efeu älter, ändern sich die Blätter: Sie sind jetzt ganzrandig und glänzend grün. Diese Unterschiede bei den Laubblättern nennt man Heterophyllie.
In diesem Alter (so etwa ab zehn Jahren) bekommt er zwischen September und November auch seine grün-gelben Blüten, die an kugeligen Blütenständen stehen und sich im zeitigen Frühjahr zu runden,
blau-schwarzen Steinfrüchten entwickeln. Er gehört übrigens zu den Araliengewächsen (Araliaceae), deren Mitglieder man hauptsächlich in den Tropen findet.
Auch bekannte Heilpflanzen wie der Ginseng (Panax ginseng) gehören in diese Familie.
Der Efeu ist außerdem sehr kreativ in seiner Lebensweise. Als junger Spund wächste er krautig (also mit nicht verholzender Sprossachse) am Waldboden dahin oder
krabbelt bereits an Bäumen und anderen "Klettergerüsten" hoch. Er ist ein sogenannter "Haftklimmer" und kann sich mit seinen Wurzeln an Oberflächen
festheften, wie etwa Borke von Bäumen oder auch Mauerwerk oder Putz der Hausfassade. Mit den Jahren verholzt die Sproßachse (der Stamm) und wird kräftiger, so
dass man sie am Baum gut erkennen kann. Dazu mögen seine jungen Triebe am liebsten den Schatten (das Wegwachsen vom Licht wird als negativer Phototropismus
bezeichnet). Sobald er eine Baum gefunden hat, an dem er hochklettern kann, wächst er wie alle anderen Pflanzen wieder in Richtung Licht. Er wird übrigens zu den Lianen gerechnet. Der Begriff
"Liane" umfasst Pflanzenarten aus unterschiedlichen Pflanzenfamilien, die eine bestimmte Lebensweise teilen, nämlich das Emporklettern an Bäumen, etc. Lianen gibts also nicht nur im Dschungel,
sondern auch bei uns im Wald (nur ohne Tarzan dran ;-).
Aufgrund seiner Eigenart, Bäume als Kletterhilfe zu nutzen, hat der Efeu nicht überall den besten Ruf. Wichtig ist zu wissen: Der Efeu saugt keine Bäume aus. Er
klammert sich lediglich mithilfe seiner Haftwurzeln an die Borke. Ebensowenig erwürgt der Efeu Bäume, er wächst statt dessen meist relativ gerade am Baumstamm
nach oben. Der Efeu kann durch seine dichten Blätter sogar die Rinde des Baumes vor großen Temperaturschwankungen schützen. Entfernt man ihn von Baumstämmen, an denen er jahrelang emporgewachsen ist, kann es daher bei Sonneneinstrahlung an der Rinde der Bäume zu
Sonnenbrand kommen.
Bei seiner Kletterei kann der Efeu durchaus hier und da mal einen Strauch oder kleineren Baum überwuchern, was letzterem in der Regel nicht so gut bekommt. Aber
meist sind Bäume, die einen starken Efeubewuchs aufweisen und absterben, schon anderweitig vorgeschädigt. Solche Bäume haben zum Beispiel eine aufgelichtete Krone und bieten durch das vermehrte
Licht dem Efeu einen Anreiz, verstärkt nach oben zu wachsen. Es wäre auch sinnlos, wenn der Efeu sein Klettergerüst regelmäßig um die Ecke bringen würde, denn er geht möglicherweise auch mit
drauf, wenn der Trägerbaum umkippt. Zumindest sind dann Jahre des Am-Stamm-Hochwachsens zum Deister, und mal eben zum Nachbarbaum rüberhüpfen ist nicht.
Sein Kletterdrang ist sicherlich auch dem einen oder anderen Hausbesitzer in guter (oder eher schlechter) Erinnerung. Stichwort Fassadenbegrünung. Wer schon mal eine
Efeuranke von einer Hauswand gepflückt hat, weiß: Man kann anschließend anhand der feinen Wurzelreste, die zurückbleiben,
sehr schön sehen, wo die Pflanze vorher geklebt hat. Lässt man ihn an der Fassade weiter wuchern, hat man unter Umständen bald andere Probleme: Denn Efeu
verankert sich gerne in kleinen Rissen im Putz oder Mauerwerk und kann diese durch sein Wachstum vergrößern. Auch liebt er den ja den Schatten und hat daher die Angewohnheit, mit den Triebspitzen
in diese Ritzen hinein und damit ins Mauerwerk oder auch unters Dach zu krabbeln. Dazu wird er irgendwann sehr schwer und kann wieder in die Tiefe rauschen - im schlimmsten Fall nimmt er auch
noch Teile vom Putz mit. Efeu kann als Fassadenbegrünung durchaus Sinn machen, benötigt dann aber eine gewisse Überwachung bzw. ab einer bestimmten Höhe eventuell auch eine professionelle
Rankhilfe, die ihn oben hält und die Fassade schützt.
Natürlich ist der Efeu auch eine Heilpflanze. Seine wichtigsten Inhaltsstoffe sind sogenannte Saponine ("Seifenstoffe") sowie das Falcarinol, das in größeren Mengen
hautreizend wirkt. Daher sollte man beim Efeuschneiden Handschuhe tragen. Efeu wird klassischerweise bei Reizhusten, Keuchhusten und Asthma angewendet, allerdings sollte man grundsätzlich auf
Fertigpräparate aus der Apotheke zurückgreifen, denn Efeu ist in allen Teilen giftig und eignet sich daher nicht zur Selbstmedikation. Er wird auch in der Homöopathie genutzt, ebenfalls für
Atemwegserkrankungen, aber auch zum Beispiel bei Leber- und Magen-Darm-Leiden. Hier und da liest man auch, dass man Efeu als Waschmittel benutzen kann. Das stimmt insoweit, als der Efeu
Seifenstoffe enthält, dürfte aber für die Haut (wegen des Falcarinols) nicht die beste Idee sein. Da gibt es praktischere Pflanzen, wie etwa die Samen der Rosskastanie (Aesculus
hippocastanum) oder das Seifenkraut (Saponaria officinalis), wenn man denn unbedingt ganz natürlich waschen will.
Er ist aber nicht nur heilkräftig, sondern wurde früher auch in Kulten genutzt. Der alles umwickelnde Efeu gilt als Pflanze der
Treue und Freundschaft. Er war dem ägyptischen Gott Osiris geweiht, bei den Kelten und später bei den Christen war er als immergrüne Pflanze ein Symbol der
Unsterblichkeit. Als Pflanze der Auferstehung findet man ihn auch heute noch traditionell auf Gräbern. Interessant ist die Beziehung von Efeu zu Wein und seinen göttlichen Fürsprechern. Der
griechische Gott Dionysos (der mit den Saufgelagen) und sein römisches Alter Ego Bacchus werden auch oft mit Efeu (und vor allem Wein) dargestellt. Der Efeu scheint bei einigen von Dionysos'
Aktivitäten geholfen zu haben (vielleicht ein Freundschaftsdienst, Dionysos ist ja schließlich auch ein Vegetationsgott), zum Beispiel indem er Ruder umwuchert hat (dürfte die Widersacher eher
nicht so gefreut haben). Aber vielleicht war er auch ganz einfach eine kleine Zugabe zum Wein, um der Sauferei noch etwas mehr... ähm... Wirkung zu geben. Das
Gebräu dürfte dann wirklich nur was für Götter gewesen sein, der Rest konnte nach dem Konsum vermutlich Osiris persönlich die Hand schütteln (Osiris ist der Gott des Todes, wird aber hier und da
auch mit Wein assoziiert - aha!). Ich erwähne es vorsichtshalber nochmal: Efeu ist giftig und wird nicht eingenommen, auch nicht im Wein - egal was sich
manche Götter so ausdenken. Die halten einfach mehr aus ;-)
Auch in der Geomantie hat der Efeu was zu sagen. Er wird als Anzeiger positiver Energien betrachtet, bzw. als Verbindung zwischen der materiellen und der
spirituellen Welt. Aufgrund seines Wuchses wurde er früher mit dem in der Erde lebenden Erddrachen in Verbindung gebracht, der die Kraft der Natur symbolisiert. Er galt als Zeiger starker
Erdkräfte, bzw. war die Verbindung, die half, diese Kräfte aus der Erde zutage treten zu lassen. Analog dazu passt seine Lebensweise: Er mag den Schatten, aber wie alle Pflanzen wächst er mit
seiner Sprossachse nach oben zum Licht. Mit Efeu bewachsene Bereiche haben tatsächlich etwas Verbindendes. Wer dafür eine Ader hat, kann ja mal im Wald nachspüren, Efeu wächst gerne in
Buchenmischwäldern mit leicht basischen Böden. Astrologisch gehört er zu Saturn. Das ist der Herr der Zeit und was Immergrünes, das dem jährlichen Absterben scheinbar trotzt, passt ganz gut zu
dem alten Herrn.
Im Garten ist junger Efeu als Bodendecker natürlich der Meister der Schattenplätze. Allerdings muss man aufpassen, dass der kleine Schlingel sich nicht hinterrücks
den halben Garten zu eigen macht. Er bietet am Boden und am Baum und auch an der Hauswand viele Verstecke und Nistplätze für allerlei Getier - vom Vogel bis hin zur Spinne, die dann von dort aus
das Haus erobert. Er ist also ökologisch wertvoll, aber am Haus beileibe nichts für Spinnenphobiker. Auch seine Blüten sind bei Insekten sehr beliebt, besonders weil er so spät im Jahr blüht.
Allerdings dauert es lange, wie schon erwähnt, bis er denn mal damit anfängt. Als Saturnpflanze hat ers halt nicht so eilig :-)
Efeublätter in alt mit den sich entwickelnden Früchten.
Efeutriebe in jungen Jahren - so dürfte er den meisten bekannt sein.
Soso. Hier versucht Nachbars Efeu, das Innere meiner Garage zu erobern. Er kriecht, pardon, wächst halt in alle möglichen Lücken. Hauptsache, es ist dunkel :-)