Heute erzähle ich euch mal was vom Giersch. Den meisten dürfte er bekannt sein ;-)
Der Gewöhnliche Giersch (Aegopodium podagraria) ist ein (mehr oder weniger) beliebtes Gewächs. Er wird von manchen gerne gesammelt und in der Küche
verarbeitet, andere sind von seiner Anwesenheit, bseonders im Garten, weniger begeistert. Der Giersch gehört zu den Doldenblütlern (Apiaceae), weswegen man beim Sammeln genauer
hinschauen muss, um auch die richtige Pflanze zu erwischen.
Er besitzt als Blütenstand eine schirmförmige Doppeldolde (was das genau ist, habe ich hier erklärt), ein typisches Merkmal der Doldenblütler. Der Blütenstand besteht aus vielen kleinen weißen Blüten, die gelegentlich auch rosa überlaufen sein können. Geblüht wird von Juni bis August. Was den Giersch ganz gut von den
anderen, teils giftigen Verwandten unterscheidet, ist der dreikantige Blattstiel. Auch anhand der Blätter lässt er sich gut unterscheiden. Die Blätter
sind zweifach gefiedert. Die einzelnen Blättchen sind länglich bis eiförmig, zugespitzt und einfach bis doppelt gesägt. Die ungleichmäßigen Sägezähnchen
haben ihrerseits wieder eine kleine Spitze. Die einzelnen Fiedern sind deutlich weniger filigran als zum Beispiel bei der Wilden Möhre (Daucus carota). Sie sollen zudem an einen Ziegenfuß erinnern. Ein anderer Name für den Giersch ist "Geißfuß", der sich auch im Vornamen
"Aegopodium" wiederfindet (griech. Aix = Ziege, Podos = Fuß). Diskutiert wird auch, ob sich der Name jetzt wirklich auf die Fiederblättchen bezieht oder auf die Basis des Blattstiels
oder auf die Niederblätter, die man direkt am Rhizom finden kann. Ich persönlich finde die Fiederblättchen am logischsten, aber das kann jeder für sich entscheiden.
Dazu kommt ein Giersch selten allein: Er besitzt ein sehr "expansionsfreudiges" Rhizom, dessen Ausläufer sich rasch ausbreiten. Einmal im Garten freigelassen, besetzt der Giersch damit problemlos ganze Flächen. Er bevorzugt feuchte, halbschattige bis schattige Bereiche, kann aber auch an sonnigeren
Standorten bestehen. Seine ursprüngliche Heimat sind Auwälder und Gebüsche mit feuchten, nährstoffreichen Böden. Das ist auch ein Grund, warum der Giersch eigentlich omnipräsent ist: Der
aktuelle, von den Menschen bewirkte Stickstoffreichtum der Böden kommt ihm entgegen. Der Giersch gilt wie Brennnessel und Klettenlabkraut als Stickstoffzeiger und wächst gerne an Ackerrändern,
entlang von Straßen und Wegen oder Gräben und Bächen. Daher ist auch eine der häufigsten Staudenfluren nach ihm benannt: Die Brennnessel-Giersch-Flur (genannt "Urtico-Aegopodietum
podagrariae" von Urtica dioica - Brennnessel und Aegopodium podagraria - Giersch. Wenn ihr also einen Streifen mit Brennnessel und Giersch und ggf. noch Klettenlabkraut
oder vereinzelten anderen Doldenblütlern entdeckt, ist es wahrscheinlich, dass ihr ein Urtico-Aegopodietum podagrariae vor euch habt:
Glückwunsch, ihr habt soeben eine (vielleicht ja eure erste) Pflanzengesellschaft bestimmt :-)
Der Giersch hat aber auch positive Seiten: Er ist ein sehr gesundes und vielseitiges Wildgemüse, denn er enthält viele Vitamine und Mineralstoffe. Geerntet werden
die jungen Blättchen im zeitigen Frühjahr, dann schmecken sie sehr mild. Je älter die Blätter werden, desto herber (und gewöhnungsbedürftiger) wird der Geschmack. Gesammelt wird von März bis
September. Wie oben schon erwähnt, kommen auch andere Doldenblütler gelegentlich in Gesellschaft des Giersch vor. Einer davon ist der Taumel-Kälberkropf (Chaerophyllum
temulum, vgl. Foto), der giftig ist. Es können aber auch andere, ebenfalls giftige Doldenblütler in
Gesellschaft des Giersch vorkommen. Wichtig ist daher, dass ihr den Giersch zuverlässig von anderen, giftigen Doldenblütlern unterscheiden
könnt. Daher nur die Pflanzen sammeln, die ihr zuverlässig bestimmen könnt. Sonst lieber vorher einen Fachmann fragen oder die Pflanzen stehen lassen.
Auch als Heilpflanze ist der Giersch wertvoll. Früher verwendete man ihn gegen die "Podagra" (Gicht), daher der Nachname poadgraria. Durch seine
entzündungshemmende, harntreibende und verdauungsfördernde Wirkung wurde er auch bei Blasenbeschwerden und Verdauungsstörungen eingesetzt. Seine Paradedisziplin ist aber die Ernährung, vor allem
als Frühjahrskur. Astrologisch gehört er zum Mond.
Beim Giersch stellt sich für viele Gärtner nicht so sehr die Frage, wie man ihn in den Garten bekommt, sondern eher, wie man ihn wieder los wird. Ein häufiger Rat
lautet: Aufessen. Ja. Ist auch sicherlich gesund. Aber es ist auch ein ambitioniertes Ziel (und man braucht eine Menge an Rezepten), von daher ist der Tipp wohl nicht so ganz ernst gemeint. Ein
anderer Rat heißt Ausbuddeln. Geht auch. Aber: Man muss anschließend die Erde gut durchsieben und alle Einzelteile (Rhizom plus Ausläufer) akribisch einsammeln, um ihn wirklich loszuwerden.
Selbst dann taucht er hier und da noch wieder auf. Ich hatte einmal das Vergnügen, eine Garten halbwegs gierschfrei zu bekommen. Es geht, aber man braucht einiges an Zeit und Nerven. Auch eine
Abdeckung mit Folie wird manchmal empfohlen. Allerdings lädt man dann auch andere "Freunde" ein, die diese Folien ziemlich prima finden, etwa Wühlmäuse und Schnecken.
Man kann den Giersch natürlich auch einfach wuchern lassen, wenn er nicht allzu sehr Überhand nimmt. Denn er ist sehr
wertvoll für die heimische Insektenwelt, vor allem für die mittlerweile immer seltener werdenden Schwebfliegen. Falls er also schon da ist (oder zukünftig in den Garten kommen soll), bietet sich
als friedliche Einigung eine Fläche mit einer tiefreichenden Rhizomsperre an, damit er bleibt, wo er ist. Und
das, was trotzdem entkommt, wird aufgegessen ;-)
EIn Laubblatt vom Giersch. Die oberen drei Blättchen (2. Ordnung) bilden ein Fiederblättchen 1. Ordnung, die zwei links und rechts ebenfalls. Insgesamt ergeben sich so drei Fiederblättchen 1.
Ordnung, eins mit drei Fiederblättchen 2. Ordnung und zwei mit je zwei Fiederblättchen 2. Ordnung. Manche Exemplare haben auch je drei Fiederblättchen 2. Ordnung. Klar soweit? :-)
Der Taumel-Kälberkropf hat auch eine Doppeldolde. Die einzelnen Döldchen sind eher flächig, während sie beim Giersch oft eher halbkugelig sind. Die Blätter sind
ebenfalls mehrfach gefiedert, aber wesentlich zarter und kleiner. Die Fiedern letzter Ordnung sind gelappt. Außerdem fehlt der dreieckige Blattstiel. Blattstiele und Stängel sind oftmals purpurn
überlaufen und an den Verzweigungen keulig verdickt. Daher der Name "Kälberkropf".